Liebe Eltern,
neben einer guten Bindung auf zu bauen, ist die wohl wichtigste Aufgabe von uns als Eltern, Kinder in ihrem Reifungs- und Entwicklungsprozess zu begleiten und zu
unterstützen. Nur wenn und das gelingt, können wir sie kompetent in ein Leben voller herausfordernder Entscheidungen und in ein demokratisches Miteinander
entlassen.
Es gibt ein paar Angebote und Hilfsmittel für Eltern, die ich mit Sorge beobachte und die meines Erachtens mehr mit einer Manipulation am Kind als mit einem auf
Dauer lösungsorientiertem Denkmuster zu tun haben.
Das Gute ist, dass wir, wenn wir das erkennen und kritisch hinterfragen, ändern können und das uns die Kinder verzeihen, dass wir ein wenig „getrickst“
haben. Mein Beratungs- und Aufklärungsziel ist es jedoch, auf sämtliche „Tricks“ zu verzichten und offen und ehrlich mit den Kindern in den Dialog und auch
in den einen oder anderen Konflikt zu gehen.
Mein Anliegen ist es, schon die ganz Kleinen auf eine Entdeckungs- und Entwicklungsreise mit zu nehmen und sie nicht einfach „abzuwickeln“. Jede
Pflegehandlung fördert den Bindungsprozess und jede Handlung sollte zugewandt, empathisch, sanft und mit der Bereitschaft zur Selbstreflexion erfolgen.
Wie ich das mache, zeige ich tagtäglich in meinen Kursen und Beratungen. Bei den ganz Kleinen zeige ich es in „den ersten 10 Tagen mit dem Neugeborenem" ,
der signalorientierten Babymassage und den Beratungen beim Schlafen, schreien, füttern, trotzen,...
Doch welche Tricks meine ich?
Anbei eine kleine Auflistung, der Handlungsweisen, die mich kritisch sein lassen und zu denen ich euch gerne eine Alternative vermitteln möchte:
- Das Zäpfchen, um die Verdauung an zu regen. Meine Frage ist hier, erreiche ich mit einer liebevollen Bauchmassage nicht viel mehr Wohlbefinden
und eine bessere Verdauung? Möchte ich, dass mein Kind lernt, dass es normal ist, dass etwas in den After eingeführt wird?
- Die mit einem Motor versehene Federwiege. Meine Frage hier, möchte ich, dass mein Kind, wenn es müde ist, nicht sagen darf, was ihm zu viel war?
Kann ich etwa nicht zuhören oder nervt mich dieses? Möchte ich, dass das Kind immer und überall auf einen Motor angewiesen sein wird? (Link zum Artikel weinen)
Habe ich selber mal die Erfahrung gemacht, was es bedeutet, stundenlang vollautomatisier geschaukelt zu werden? Mir persönlich reichen auf der Kirmes 2
Karusselfahrten, ich möchte nicht 10 x hintereinanderfahren müssen. Ungefähr so fühlt es sich aber für ein kleines, unreifes Gehirn an, wenn das Schaukeln nicht
mit Pausen und Zuwendung verbunden ist.
- Was bedeutet es für ein Kind, wenn es schreiend im Bett belassen wird, auch wenn die Erwachsenen in der Nähe sind. oder gar neben ihnen sitzen.
Hat es nicht verdient, dass ich mit ihm gemeinsam durch eine derartig schwierige Situation gehe? Viele Schlafberatungen zeigen „Techniken“, sowohl in die eine als
auch in die andere extreme Richtung. Mir persönlich ist es wichtig, dass ein Kind in einer Schlafberatung lernt, wie Krisen gemeistert werden können und dass es
Menschen gibt, die einem in anspruchsvollen Situationen beistehen. Ich möchte nicht, dass Kinder auf Verhaltensweisen oder Hilfsmittel konditioniert werden. Eine
Schlafberatung sollte den Blick frei machen, auf das, was kleine Kinder brauchen und was sie umtreibt. Sie sollte Verständnis fördern und den Familien einen Weg
zeigen, der für alle Familienmitglieder gangbar ist und der dazu führt, dass die dann ausgeschlafenen Kinder konzentrierter und leichter lernen können, wie Leben
funktioniert und was ein friedvolles Miteinander ausmacht.
Was meine ich damit?
- Falsche Konditionierungen und Assoziationen
Ich denke, weißes Rauschen, Staubsauger, Föhapps und Delfingesänge haben für die Zukunft eines kleinen Menschen keinen Mehrwert. Ein Lied, welches mich an
die Stimme meiner Eltern erinnert, hat das sehr wohl.
Auch Autofahren und Schlafen miteinander in einen Kontext zu bringen, sorgt nicht gerade dafür, dass ein gerade erwachsen gewordenes Kind noch wach und sicher im
Auto fahren kann. Bei einer derart ungünstigen Konditionierung wird der Grundstein für ein sehr viel späteres relevantes Sicherheitsrisiko gelegt.
- Sternchen kleben
Wenn Kinder etwas gut machen und einen Entwicklungsschritt weiter geben, sollte dieses bemerkt und anerkannt werden. Es ist jedoch ungünstig, dafür Sternchen zu
sammeln, die dann später eingelöst werden können. Ein Kind, welches trocken wird, erfährt in dieser Situation genug Selbstwirksamkeit und Lob, dass es dafür keine
weitere „Belohnung“ benötigt.
(s. Artikel Belohnungssysteme) Das Weglassen der Windel sollte von Stolz und dem Gefühl, „groß“ zu sein begleitet werden.
Belohnungen für eine Selbstverständlichkeit im Entwicklungsprozess sollten weggelassen werden. Oder sind wir nicht auch manchmal von den Mitmenschen genervt, die
für jede Selbstverständlichkeit eine besondere Anerkennung benötigen?
Ihr seht, ich habe viel zu diesen Themen zu sagen, dieser Text soll dafür nur einen Gedankenanstoß bieten. Besprechen und erleben möchte ich einen wertschätzenden
und natürlichen Umgang mit den Kindern in meinen Kursen und Beratungen mit euch.
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