Leuchtturm sein

Der dänische Familientherapeut Jesper Juul hat oft das Bild des Leuchtturms verwendet, welches auch in meinen Kursen und Fortbildungen eine große Rolle spielt.


Beim Durchsehen der Bildermappe meines erwachsenen Sohnes habe ich ein Bild gefunden, welches er mit 6 Jahren nach einem Texel-Urlaub für mich gemalt hatte. Es zeigt einen großen Leuchtturm, der mit Mama beschriftet ist.

Dieses Bild berührt mich sehr.
Ein Leuchtturm, der einem in Seenot geratenem Schiffchen helfen soll, kann dieses nur, wenn er standfest ist und mit einer breit aufgestellten Beleuchtung und ausreichend Energie ausgestattet ist.
Einem in Seenot geratenem Schiffchen sollte bewusst sein, an welchem Leuchtturm es sich orientieren kann und welches Ufer es erreichen möchte. Wenn zu viele Lichtquellen leuchten, kann das Schiffchen leicht die Orientierung verlieren. Damit Kinder eine gute innere Balance wahren können, benötigen sie Eltern, die für sie ein sicherer Hafen sein können und die auch dann noch Sicherheit ausstrahlen können, wenn sie selber mal verunsichert sind.

 

Wer mit sich selber im Gleichgewicht ist, kann ausgleichend wirken. Eltern, die eine gute Orientierung haben können Leuchtturm und sicherer Hafen sein. In meinen Beratungen und Kursen versuche ich Eltern darin zu unterstützen, authentisch zu sein und den Kurs zu finden, den sie für ihren persönlichen Familienhafen benötigen.
Wenn die innere Balance gefunden ist, lohnt es sich, auch noch auf die äußere Balance zu sehen.

 

Für die Reifung des Gleichgewichtssinnes ist es wichtig, Kinder zu wiegen, zu schaukeln, zu tragen. Durch das Schaukeln kann sich der Gleichgewichtssinn optimal entwickeln, so dass die Kinder später leichtfüßig balancieren können. Balancieren zu können ist wichtig, um später sicher Rad fahren zu können und dabei in einer Gefahrensituation reaktionsschnell zu sein.


Mit schaukeln meine ich ein Wiegen wie im Wasser, bei dem man besonders den Babys auch immer wieder Pausen zu gesteht. Ein Dauergewippe in einer motorisierten Federwiege und auch das Auf und Ab, welches ich oft bei Eltern unruhiger Kinder beobachte, ist damit nicht gemeint. Ein Schaukeln, was als vordergründiges Ziel ein Ablenken oder Be-„Ruhigen“ des Kindes zur Folge hat, führt eher dazu, dass die Kinder überstimuliert werden. Zu viel Karussell fahren auf einmal tut auch Erwachsenen nicht gut. Wer dieses Thema vertiefen möchte, kann gerne meinen Artikel „Weinen oder der Umgang mit Tränen“, den ihr in meinem Blog findet, lesen.

 

Ich selber habe einen Weg entwickelt, wie ich den Kindern beim Wiegen eine gute Balance zwischen beruhigen und trösten anbieten kann. Ein Weg, der das Wiegen als entwicklungsfördernden Faktor nutzt, der den Kindern zeigt, dass man in einer Krisensituation für sie da ist und ein Weg, der den Kindern zeigt, dass sie mit ihren Gefühlen gesehen und angenommen werden.


Das Wiegen und Schaukeln sollte fester Bestandteil jeder Familie sein. Man kann es je nach Alter und Körpergewicht des Kindes durch Tragen, durch Schaukellieder, durch Hoppe-Hoppe-Reiter-Spiele oder durch das gemeinsame Schaukeln in einer Decke anbieten.


Viele dieser Lieder und Spiele zeige ich in meiner Babygruppe „Singen, Spielen, Spüren“.
Wenn das Kind diesen Spielen entwachsen ist, lohnt es sich immer noch, es auf dem Spielplatz schaukeln zu lassen. Sollte es da dann noch einmal herunterfallen, ist es wichtig, dass es weiß, dass es liegen bleiben sollte, damit die Schaukel so ausschaukeln kann, dass sie nicht gegen den Kopf des Kindes prallt.
In diesem Sinne wünsche ich euch einen beschwingten Herbst und ganz viele Freude an Schaukelspielen.

 

Herzliche Grüße und viele inspirierende Momente mit den Kindern,
Margit Holtschlag

 

 

© Margit Holtschlag 2021